Mittwoch, 9. Mai 2012

Streichpreise für Fachhändler

Streichpreise im InternetEs ist ja verständlich, dass jeder Händler daran interessiert ist, bei einem tollen Angebot den Endkunden auch darauf hinzuweisen, wieviel er denn sparen kann. Das funktioniert, indem man den alten Preis entweder durchgestrichen oder klein oder mit einem entsprechenden Hinweis veröffentlicht. Was sich jetzt erstmal trivial anhört ist es aber nicht, denn die Fachhändler sind gut beraten, sich mit einigen wichtigen Aspekten dazu auszukennen.

Wir haben einen hierauf spezialisierten Anwalt gebeten, uns zu dieser Thematik mal einen praxisnahen Überblick zu geben, den wir hiermit veröffentlichen. Diese Hinweise sind generell für alle Händler wichtig, unabhängig davon, ob ein Onlineshop vorhanden ist oder nicht.
Schon jetzt besten Dank an Herrn Steen für die Unterstützung.
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Autor: Carsten-Helmut Steen (Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz)
www.kst-recht.de
 

Werbung mit durchgestrichenen Preisen

Die richtige Werbung mit Preisgegenüberstellungen ist ein Dauerbrenner in der wettbewerbsrechtlichen Beratung. Der Händler hat in der Preisgestaltung im Prinzip freie Hand und darf mit Preisherabsetzungen werben. In der Praxis wird einem durchgestrichenen höheren Preis regelmäßig ein günstigerer Preis gegenübergestellt. Bei solchen Preisnachlässen sind für den Händler einige Fallstricke beachten, die sich aus dem Gebot der Preiswahrheit, der Preiswahrheit und dem Verbot der Irreführenden Werbung ergeben.

Was sagt der Bundesgerichtshof?

Der Bundesgerichtshof hält es für irreführend, wenn die Adressaten der Preiswerbung nicht erkennen können, welcher Preis sich konkret hinter dem durchgestrichenen Preis verbirgt (BGH, Urteil vom 17.03.2011 – I ZR 81/09). Wer mit durchgestrichenen Preisen wirbt, muss deshalb immer genau angeben, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt.
Eine Werbung mit einer Preissenkung ist weiterhin irreführend,
- wenn der vermeintlich herabgesetzte Preis zuvor überhaupt nicht oder nicht ernsthaft verlangt wurde (unzulässige „Mondpreiswerbung“) oder
- systematisch herauf- und wieder herabgesetzt wird (unzulässige „Preisschaukel“) oder
-  der höhere Preis nur für einen unangemessen kurzen Zeitraum gefordert wurde.

Welche Preise darf ich gegenüberstellen? 

Der Händler kann seinem aktuellen Verkaufspreis insbesondere seinen eigenen zuletzt geforderten Verkaufspreis („bisher bei uns“), eine aktuelle unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers („UVP“) oder eine ehemalige unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers („Ehem. UVP“) gegenüberstellen.

Was muss ich dabei beachten? 

Die Erläuterung, welchen Preis der Händler gegenüberstellt, muss im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem durchgestrichenen Preis erfolgen.
Beispiele:
UVP  € 999,00  € 899,00
Ehem. UVP € 699,00  € 399,00
Bisher bei uns  € 799,00  € 599,00
Begriffe wie „statt“ oder „bisher“ sind unzulässig, weil sie mehrdeutig sind und nicht klar wird, welcher konkrete Preis gegenübergestellt wird.
Der gegenübergestellte Preis muss weiterhin dem Gebot der Preiswahrheit entsprechen: Wirbt der Händler mit einer „UVP“, muss es sich um eine unverbindliche Preisempfehlung handeln, die im Zeitpunkt der Preisgegenüberstellung aktuell ist. Ist das beworbene Produkt in der aktuellen Händlerpreisliste nicht mehr vorhanden, wird vermutet, dass die Preisempfehlung aufgehoben ist. Der Händler muss zum Beispiel bei Auslaufmodellen aus der Vorsaison dann darauf hinweisen, dass es sich um eine ehemalige unverbindliche Preisempfehlung („Ehem. UVP“) handelt.

Gibt es zeitliche Grenzen für die Preisgegenüberstellung?

Bei der Gegenüberstellung mit dem eigenen zuletzt geforderten Verkaufspreis ist Vorsicht angebracht.
Die Werbung mit einer Preisabsenkung erzeugt gerade im Onlinehandel bei den Adressaten die Erwartung einer Aktualität der Preissenkung. Nach der Rechtsprechung ist bei der Frage, wie lange der Zeitraum zurückliegen darf, in dem der höhere, zur Preisgegenüberstellung verwendete Preis gegolten hat, auf die Verkehrsauffassung eines durchschnittlichen und verständigen Verbrauchers abzustellen. Bei Produkten, die nicht zum täglichen Bedarf gehören (z.B. Fahrräder, Fahrradzubehör), wird man einen Zeitraum von vier Wochen noch als zulässig betrachten. Nach Ablauf dieses Zeitfensters verwandelt sich der herabgesetzte Preis praktisch von selbst in den eigenen zuletzt geforderten Preis des Händlers. Die Preisgegenüberstellung wird dann irreführend, weil über die Aktualität der Herabsetzung getäuscht wird.
Ebenso wenig darf mit einer „Ehem. UVP“ zeitlich grenzenlos geworben werden. Während dies für Auslaufmodelle aus der Vorsaison unproblematisch ist, verlieren auch ehemalige Preisempfehlungen nach Ablauf von 2 bis 3 Jahren an Aktualität.
Mit einer „UVP“ darf nur geworben werden, solange diese tatsächlich aktuell ist. Bestehen Zweifel über die Aktualität einer Preisempfehlung, sollte der Händler direkt beim Hersteller nachfragen.

Praxistipp:
Wer mit Preisgegenüberstellungen wirbt, muss seine Preisgestaltung im Onlineshop ständig im Auge behalten. Wird eine Preisgegenüberstellung unzulässig, z.B. weil der höhere Vergleichspreis nicht mehr aktuell ist oder eine „UVP“ aufgehoben wird, muss die Preiswerbung überarbeitet werden.


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Autor: Carsten-Helmut Steen (Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz)
www.kst-recht.de