Mittwoch, 14. Dezember 2011

Fachhandel und Facebook

Immer wieder die gleiche Frage: Braucht ein Fachhändler Facebook?
Ein paar Gedanken zum grössten sozialen Netzwerk und welche Erfahrungen wir speziell im Fahrradhandel damit gemacht haben.

Unsere eigenen Erfahrungen
Beim Aufbau unser Bikeshops.de Facebook-Seite haben wir eine Menge gelernt. Gestartet haben wir im September 2010 anläßlich der Eurobike Fahrradmesse in Friedrichshafen. Und das war zunächst mal völlig erwartungsfrei. Wir mussten dabei sein, war die Devise, einen konkreten Grund konnte keiner nennen. Und unsere eigentlichen Fachhandels-Kunden konnte man zu dem Zeitpunkt auch noch nicht bei Facebook finden. Warum sollten wir also dort präsent sein?
Anfangs hatten alle Mitarbeiter Administratorrechte. Das führte dann auch zu regelmässigem Chaos. Einmal landeten etwas sehr private Bilder von der Betriebsfeier im öffentlichen Album, ab und zu erschien der Link zu einem neuen YouTube Video gleich zweimal. Der Schreibstil lag irgendwo zwischen Prol und Prosa und ein roter Faden geschweige denn Sinn der ganzen Aktion war leider nicht erkennbar.
Seit Anfang 2011 ist jetzt nur noch eine Mitarbeiterin für den Auftritt zuständig. Ideen und Themen von anderen Mitarbeitern werden zeitlich und thematisch passend gepostet. Das hat schon mal für eine wesentliche Qualitätsverbesserung und für eine Menge Gefaller gesorgt.
Seit März 2011 bieten wir ein spezielles Facebook Paket für Fachhändler im Bikeshops.de Netzwerk an. Dort werden dann vollautomatisch aktuelle Angebote, also z.B. Restposten, aber auch News zu den geführten Marken genauso wie Stellenangebote direkt auf der Facebook-Seite des Unternehmens veröffentlicht.
Die meisten Händler sehen hierbei das social network eher pragmatisch: Klar müssen wir dabei sein, aber es darf nicht viel kosten und vor allem keine Arbeit machen. Kaum einer unser Kunden verbindet mit dem Auftritt bei Facebook einen konkreten wirtschaftlichen Nutzen.

Die wichtigsten Erkenntnisse:


Facebook ist Kneipe, kein Einkaufszentrum
Facebook ist erfolgreich, weil es private Belange befriedigt. Dazu gehört, dass man Freunde und Bekannte wiederfindet, die man seit Jahren aus den Augen verloren hat und von denen man plötzlich mit minimalem Zeitversatz mitbekommt, was denen so passiert. Dazu gehört aber genauso das offensichtliche Verlangen vieler Nutzer, andere über jede Aktion zu informieren.
Das erinnert alles an früher, wo ja mal generell immer alles besser war. Man ging in die Kneipe, um sich auszutauschen und abzuschalten. Die Gespräche am Tresen waren dann aber meist auch nicht geistreicher als ein Großteil der Facebook-Postings. Und natürlich wimmelt es in jeder Kneipe auch von Werbung. Das können die Bierdeckel mit Werbung genauso sein wie der Gesprächsstoff über lokale Unternehmen und Attraktionen.
Werbung in der Kneipe ist also immer undercover. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, die wirkliche Reichweite und Conversion von Bierdeckelwerbung oder Werbeaufklebern in der Herrentoilette zu analysieren. Es geht darum, auf eine lokale Marke oder Unternehmen immer wieder aufmerksam zu machen.  Niemand will aber in der Kneipe eine Verkaufsveranstaltung erleben.

Facebook kostet Zeit
Trotz vollautomatischer Schnittstellen liegt es doch am jeweiligen Händler, seinen Facebook-Auftritt aktuell zu halten. Spätestens, wenn also der eine oder andere Stammkunde auf den Gefällt-mir-Button geklickt hat, sollte man diese dann auch regelmässig über Neuigkeiten informieren. Völlig unabhängig davon, ob es 10 oder 1000 Gefaller sind.
Das können Einladungen zum Tag der offenen Tür genauso sein, wie Youtube Clips oder Bilder von der neuen Schaufensterdekoration.
Den Gefallern wird das auch weiter gefallen, wenn hierbei die Information im Vordergrund steht und nicht der direkte Verkauf.

Facebook kann Newsletter ersetzen
Ich würde heute empfehlen, weniger oder gar keine Zeit in Email-Newsletter zu investieren und stattdessen die direkte Kommunikation über Facebook zu pflegen. Die technischen Möglichkeiten aber auch der Nutzwert für den Endkunden sind wesentlich grösser und der Zeitaufwand für die Pflege einer Facebook-Seite ist im Normalfall geringer. Auch die Spamfilter-Problematik im Newsletter-Bereich existiert in dieser Form bei Facebook (noch) nicht. Fachhändler sind also gut beraten, wenn sie sich aktiv darum kümmern, aus Stammkunden Facebook-Freunde zu machen. Neben der Emailadresse könnte im Ladenlokal also auch nach dem Facebook-Konto des Kunden gefragt werden.

Facebook bringt keine Wunder
Nein, mit einem eigenen Facebook-Auftritt steigert man noch nicht den Umsatz. Facebook ist eine langfristige Investition in Kundenbeziehungen. Händler, die davon ausgehen, sofort eine nennenswerte Reaktion zu erleben, werden wohl in den meisten Fällen enttäuscht werden.
Erstmal gilt es, überhaupt auf die eigene Existenz aufmerksam zu machen. Sehr gut eignet sich hierzu das Facebook Werbenetzwerk, in dem man sehr schnell und mit überschaubarem Budget regional ausgerichtete Werbung schalten kann.
Und daneben ist eine regelmässige Aktualisierung der Seite wesentlich, um das Netzwerk und damit auch die Reichweite des Angebots langsam zu erhöhen.

Facebook braucht Kontrolle
Egal, ob sich der Geschätsführer oder der Werkstatt-Azubi um den Auftritt kümmern soll, ist eine regelmässige Kontrolle wichtig. Hierzu gehören zum einen die Inhalte selbst. Zum anderen sollte man sich auch über aktuelle Rechtssprechung informieren, um vor Abmahnungen geschützt zu sein.


Fazit
Ich würde jedem Händler empfehlen, eine Facebook-Seite anzulegen. Und sei es zunächst nur mal deshalb, um den eigenen Firmennamen zu schützen.
Langfristig werden sich die Social Networks als ein Werkzeug für direkte Kunenbindung etablieren, auch wenn heute die Erwartungen noch viel zu hoch gesteckt werden.